Die Getränkeprüferin
Sensorische Untersuchung von Lebensmitteln

Geschmack unter dem Mikroskop

Von Nicole Oschwald
Aktualisiert am 27. Dez. 2018
Sensorische Untersuchung von Lebensmitteln
Sensorische Untersuchung von Lebensmitteln

Mild, würzig oder pikant – an der Käsetheke sind Geschmacksbeschreibungen längst etabliert. Sie erleichtern die Produktauswahl nach persönlichen Vorlieben. Auch bei Getränken und anderen Lebensmittelgruppen ist die Werbung mit dem Geschmack im Aufwind. Typisch sind hier vor allem Superlative, also Botschaften wie „extra-fruchtig“ oder „weniger süß“. Die Botschaften sollen einzelne Produkte von vergleichbaren Produkten abgrenzen und korrekt im Markt positionieren. Doch woher weiß der Hersteller überhaupt, was Sie als fruchtig oder süß empfinden? Auch wenn es komisch klingt, sensorische Produkteigenschaften lassen sich mithilfe ausgebildeter Prüfpersonen standardisieren.

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Unter „Sensory Claims“ werden Werbeaussagen verstanden, die sich auf optische, geruchliche, geschmackliche oder akustische und haptische Besonderheiten eines Lebensmittels beziehen. Die sensorischen Beschreibungen beziehen sich auf die Eigenschaften, die ein Produkt hat.

So werden Lebensmittel etwa mit wahrnehmbaren sensorischen Attributen, wie „fruchtig“, „prickelnd“ oder „süß“ beworben. Aber auch Hinweise auf eine neue Rezeptur sowie die geänderten wahrnehmbaren Eigenschaften und deren Intensitäten (zum Beispiel „extra-fruchtig“ oder „weniger süß“) können als sensorische Werbebotschaften verstanden werden.

Zwar gibt es noch keine offiziellen Regeln für die Verwendung solcher Produktversprechen, doch dürfen „Sensory Claims“ – genau wie jede andere Art der Lebensmittelwerbung auch – nicht irreführend sein. Sie müssen fachlich begründet, nachweisbar und nachvollziehbar sein. Hier kommen Profis ins Spiel, die Lebensmittel professionell verkosten und ihre Wahrnehmung objektiv in Worte fassen können.

Regional produziert

Die Eigenschaften eines Lebensmittels objektiv zu bewerten, erscheint auf den ersten Blick schwierig. Schließlich ist der Geschmack sehr individuell geprägt und über Geschmack lässt sich bekanntermaßen nicht streiten. Was der eine als zu süß empfindet, ist dem anderen gerade recht, dem Dritten hingegen noch immer nicht süß genug. Doch aus fachlicher Sicht lassen sich sensorische Eindrücke sehr wohl standardisieren. Sie können als „Sensory Claims“ für Werbeaussagen zum Produkt genutzt werden. Auch können sie dabei helfen, das Produkt korrekt im Markt zu positionieren.

Mit leichtherzig dahin geschriebenen Beschreibungen würden sich Hersteller schnell aufs Glatteis bewegen und die Glaubwürdigkeit ihrer Produkt verlieren. Verbraucher wären enttäuscht, wenn das, was auf der Packung steht, wenig mit der Realität zu tun hat. Fehlkäufe wären an der Tagesordnung. Hersteller von Lebensmitteln wollen deshalb meist bereits bei der Entwicklung ihrer Produkte und vor Markteinführung wissen, ob die Lebensmittel ihren sensorischen Eigenschaften gerecht werden und dies objektiv absichern lassen.

Mann liest Etikett von Wein

Für sensorische Prüfungen kommen beim SGS Institut Fresenius trainierte, nach internationalen Standards geschulte Panelisten zum Einsatz. Die sensorischen Beschreibungen dieser speziell ausgebildeten Lebensmittelprüfer werden durch Befunde standardisierter Laboruntersuchungen ergänzt. Die Lebensmittelprüfer verkosten Lebensmittel neutral und unbeeinflusst von Verpackung, Marke und Herstellerangaben, um jegliche Form der Voreingenommenheit auszuschließen und Fehleinschätzungen zu verhindern.

Parallel und unterstützend dazu erfolgen chemische und mikrobiologische Laboruntersuchungen, (z.B. Aromaprofil oder Fruchtgehalt des Produktes). Zusätzlich finden Konsumentenbefragungen und -verkostungen statt. Wenn Sie das nächste Mal im Supermarkt sind, halten Sie mal Ausschau nach einem Produkt mit einer sensorischen Werbebotschaft. Vermutlich haben unsere Lebensmittelprüfer im Labor dieses Produkt auf den „Sensory Claim“ geprüft.


Über die Autorin dieses Beitrags

Julia Ehrke ist beim Prüfinstitut SGS Bereichsleiterin für die Lebensmittelsensorik. Gemeinsam mit ihrem Team bestehend aus trainierten Panelisten prüft die Diplom-Ökotrophologin das Aussehen, den Geruch, den Geschmack und die Textur von Lebensmitteln mittels verschiedener sensorischer Prüfmethoden und nach internationalen Standards. In speziell dafür eingerichteten Laborräumen leitet sie zudem professionelle Sinnesprüfungen und Gruppentrainings, um so die Qualitätseigenschaften von Lebensmitteln mit erstaunlicher Genauigkeit zu bestimmen. Mehr über die Dienstleistungen der SGS erfahren Sie auf www.sgsgroup.de und www.sgs-institut-fresenius.de

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