Die Getränkeprüferin

Cold Brew: Mehr als kalter Kaffee

Von Nicole Oschwald
Aktualisiert am 27. Dez. 2018
Cold Brew Coffee

Mittlerweile hat sich der kalt aufgebrühte Kaffee auch in Deutschland als Cold Brew Coffee etabliert und ist fester Bestandteil von Cafés und Kühlregalen im Supermarkt geworden. Was hat es mit dem Trend-Getränk auf sich und was sollten Sie beim Einkauf beachten, um nicht in die Zuckerfalle zu tappen?

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Kaffee muss heiß sein. Ideal sei eine Brühtemperatur von 88° Celsius. Das empfiehlt das Istituto Nazionale Espresso Italiano, dessen Aufgabe der Schutz des echten und reinen Espresso-Genusses ist. Doch es geht auch anders.

„Cold brew“ ist ein neues Credo unter Kaffee-Liebhabern – jedenfalls unter denjenigen bis Mitte 30. Nach Marktforschungen des Deutschen Kaffeeverbandes hat immerhin jeder Vierte dieser Altersgruppe schon einmal von der Idee gehört, kalt aufgebrühten Kaffee zu genießen.

Was verbirgt sich hinter diesem Trend genau?

Cold Brew Coffee hat – um im englischen Sprachgebrauch zu bleiben – etwas von „slow food“. Zumindest, wenn man sich die Zeit nimmt, ihn klassisch zuzubereiten. Dazu nämlich wird Kaffeepulver, am besten frisch vermahlen, mit etwas kaltem Wasser aufgegossen und erstmal über mehrere Stunden stehen gelassen. So entsteht langsam ein Kaffeeauszug, der später wahlweise mit Wasser oder Eiswürfeln serviert wird. Gab es Cold Brew Coffee zunächst frisch zubereitet vor allem in Szene-Café und Strandbars, erobert das Kaltgetränk jetzt auch als Fertigprodukt die Kühlregale von Supermärkten und Discountern.

Kalt aufgebrühter Kaffee soll besonders beerig-fruchtige und schokoladenartige Geschmacksnoten haben. In sozialen Medien wie Instagram oder Facebook wird die kalte Kaffee-Variante zudem als besonders säurearm und daher magenfreundlich gelobt.

Das stimmt allerdings so nicht, wie aktuelle Untersuchungen des Bayrischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit belegen. Chemische Analysen zeigten, dass Cold Brew Coffee im Vergleich zu Heißaufgüssen keine geringen Säuregrade; eher sogar das Gegenteil, enthält.

Trendgetränk im Kühlregal

Ein wenig Skepsis schadet nicht nur bei Gesundheitsbotschaften aus dem Internet, sondern auch bei Cold-Brew-Fertigprodukten aus dem Supermarkt. Was dort alles plakativ als Cold Brew Coffee angeboten wird, kann in seiner Zusammensetzung sehr unterschiedlich sein – und hat mit dem klassischem Rezept eines selbstgemachten kalten Kaffees oft nicht allzu viel zu tun. Neben Wasser und Kaffeepulver stecken oft Aromen, Gewürze, verschiedenen Zusatzstoffe und viel Zucker in den Fertiggetränken.

Die Krux bei der Produkt-Kennzeichnung auf dem Etikett ist: Jedes Lebensmittel muss laut Gesetz eine Bezeichnung tragen, die erkennen lassen soll, um was für eine Art von Produkt es sich handelt. Das wäre für die Fertigvariante eines Cold Brew Coffees beispielsweise „Kaffeegetränk aus kalt gefiltertem Kaffee“. Zusätzlich ist es erlaubt, Produkt- oder Markennamen auf die Packung zu drucken. Sie können werbewirksam sein, dürfen den Verbraucher jedoch nicht täuschen.

Wer offen für Getränke-Innovationen ist, dem mag dieser feine Unterschied für die Produktauswahl egal sein. Wer aber auf den puren Genuss von kalt aufgebrühten Kaffee steht, sollte sich die Mühe machen und die gesamte Packungskennzeichnung lesen – oder sich seinen Kaffee am besten selber aufgießen (Das sind die besten Cold Brew Kaffeebereiter) oder im Café seines Vertrauens genießen.


Über die Autorin dieses Beitrags

 Nicole Oschwald ist staatlich geprüfte Lebensmittelchemikerin und Leiterin der Kundenbetreuung am Freiburger Standort von SGS Institut Fresenius. Das dortige Labor ist Kompetenzzentrum für die Analyse von alkoholhaltigen und alkoholfreien Getränken, Fleisch- und Wurstwaren und Tierarzneimittelrückständen. Eine weitere Spezialität des Standorts ist die Aromaanalyse, die für die Getränke- und Lebensmittelindustrie eine große Rolle spielt. Mehr über die Dienstleistungen der SGS erfahren Sie auf www.sgsgroup.de und www.sgs-institut-fresenius.de

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