Die Getränkeprüferin

Alkoholfreie Spirituosen noch ohne Namen

Von Nicole Oschwald
Aktualisiert am 02. Mär. 2019
© Unsplash/ Helena Yankovska
© Unsplash/ Helena Yankovska

Dass es Bier und Wein in einer alkoholfreien Variante gibt, ist mittlerweile nichts Besonderes. Neu sind dagegen alkoholfreie Spirituosen. Immer mehr Bars schenken Drinks ohne Umdrehungen aus, allerdings scheint sich die richtige Bezeichnung der Getränke schwierig zu gestalten.

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Gar nicht so leicht, die Dinge beim Namen zu nennen

Alkoholfreie Spirituosen: Ein Trend, der vor allem gesundheitsbewusste Konsumenten begeistert, der aber das Lebensmittelrecht vor Herausforderungen stellt. Insbesondere was die korrekte Kennzeichnung angeht. Denn während bei Bier und Wein die Sache klar ist – sie werden schlicht als „alkoholfrei“ bezeichnet – ist dies bei alkoholfreien Spirituosen deutlich komplizierter.

Die Idee, die hinter den alkoholfreien Ersatzprodukten für Gin, Wodka oder Rum steckt, liegt auf der Hand: Pur oder als Mix-Zutat für Cocktails sollen sie den Genuss ohne Reue ermöglichen. Geschickt kombiniert können Säfte und Extrakte aus Zitrusfrüchten, Ingwer- oder Gurkenauszüge sowie scharfe Gewürze wie Pfeffer oder Chili den für Spirituosen typischen Geschmack imitieren – zumindest innerhalb gewisser Grenzen.

Denn Alkohol ist neben seiner Eigenschaft als Lösungsmittel auch Geschmacksträger beziehungsweise Aromavermittler. Deshalb ist die Geschmackswahrnehmung von Hochprozentigem auf der Zunge so einzigartig – von süßlich-fruchtig über bitter bis hin zu einem scharf-brennenden Mundgefühl.

Schnaps ohne Namen

Geht es um die Bezeichnung der alkoholfreien Drinks, ist eins klar: Beschreibungen wie „alkoholfreier Gin“ oder „Brandy ohne Alkohol“ sind tabu. Denn Bezeichnungen wie Gin, Brandy und eine ganze Liste weiterer wie Whiskey, Eierlikör oder Wodka unterliegen einem gesetzlichen Schutz. Sie dürfen nur für Getränke verwendetet werden, die konkrete Anforderungen der EU-Spirituosenverordnung erfüllen. Die darin enthaltenen Rezepturvorschriften, die den guten Ruf europäischer Spirituosen schützen sollen, treffen natürlich nicht auf die alkoholfreien Ersatzprodukte zu.

Bliebe vielleicht die Bezeichnung „alkoholfreie Spirituose“? Mit Blick in die EU-Spirituosenverordnung aber ein Widerspruch in sich. Denn laut dieser Norm ist eine Spirituose ein alkoholisches Getränk, das einen Mindestalkoholgehalt von 15 Volumenprozent Alkohol aufweist. Fehlt der Alkohol, kann das Getränk kaum eine Spirituose sein.

Entscheidend ist letztlich, dass Verbraucher nicht getäuscht werden und klar erkennen können, mit was für einer Art von Getränk sie es zu tun haben. Angesichts des EU-rechtlichen Bezeichnungsschutzes durchaus ein Dilemma für Anbieter: Denn auch Hinweise wie „Gin Flavour“ oder ähnliches sind für Produkte nicht gestattet, wenn sie nicht den spezifischen Anforderungen der EU-Spirituosenverordnung entsprechen. Das entschied kürzlich das Landgericht Mainz im Falle eines weinhaltigen Cocktailgetränks.


Über die Autorin dieses Beitrags 
Nicole Oschwald ist staatlich geprüfte Lebensmittelchemikerin und Leiterin der Kundenbetreuung am Freiburger Standort von SGS Institut Fresenius. Das dortige Labor ist Kompetenzzentrum für die Analyse von alkoholhaltigen und alkoholfreien Getränken, Fleisch- und Wurstwaren und Tierarzneimittelrückständen. Eine weitere Spezialität des Standorts ist die Aromaanalyse, die für die Getränke- und Lebensmittelindustrie eine große Rolle spielt. Mehr über die Dienstleistungen der SGS erfahren Sie auf www.sgsgroup.de und www.sgs-institut-fresenius.de.  

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